Zusammenfassung des Urteils IV 2015/398: Versicherungsgericht
Der Beschwerdeführer hat sich um Leistungen der Invalidenversicherung bemüht, jedoch wurde sein Rentenbegehren aufgrund fehlender Invalidität abgelehnt. Die medizinischen Gutachten der MEDAS Zentralschweiz und der MEDAS Ostschweiz kamen zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer für ideal leidensadaptierte Tätigkeiten uneingeschränkt arbeitsfähig war. Auch aus psychiatrischer Sicht wurde eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit festgestellt. Somit bestand kein rentenbegründender Invaliditätsgrad. Der Beschwerdeführer wurde von den Gerichtskosten befreit, da ihm die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt wurde. Zudem erhielt sein Rechtsvertreter eine Entschädigung. Der Beschwerdeführer kann in Zukunft zur Nachzahlung der Gerichtskosten und zur Rückerstattung der Entschädigung verpflichtet werden.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2015/398 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 13.12.2017 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 28 IVG. Art. 16 ATSG. Rentenanspruch. Würdigung von mehreren medizinischen Gutachten unter Berücksichtigung von medizinischen Berichten der behandelnden Fachärzte (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 13. Dezember 2017, IV 2015/398). |
Schlagwörter : | ähig; IV-act; Arbeitsfähigkeit; Sachverständige; MEDAS; Sicht; Sachverständigen; Beschwerdeführers; Rente; Verfügung; Gutachten; Zentralschweiz; IV-Stelle; Ostschweiz; Arbeitsfähigkeitsschätzung; Recht; Prozent; Bericht; Gesundheitszustand; Psoriasis |
Rechtsnorm: | Art. 123 ZPO ;Art. 16 ATSG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Besetzung
Präsident Ralph Jöhl, Versicherungsrichterinnen Monika Gehrer-Hug und Karin HuberStuderus; Gerichtsschreiber Tobias Bolt
Geschäftsnr.
IV 2015/398
Parteien
A. ,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsagent Edwin Bigger,
RGB Consulting, Sonnenbühlstrasse 3, 9200 Gossau, gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
Gegenstand Rente Sachverhalt A.
A. meldete sich im September 2008 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an (IV-act. 2). Er gab an, er habe keine Berufsausbildung absolviert. Zuletzt habe er als Küchenhilfe gearbeitet. Der Hausarzt Dr. med. B. teilte am 26. September 2008 telefonisch mit (IV-act. 13), der Versicherte leide an einer Psoriasis vulgaris, an einer Psoriasisarthritis und an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus. Im jetzigen Zustand sei die Tätigkeit als Küchenhilfe nicht zumutbar. Der Gesundheitszustand sei aber nicht stabil; der Versicherte werde voraussichtlich wieder eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit erreichen. Die behandelnde Rheumatologin Dr. med. C. berichtete im Juni 2009 (IV-act. 25), seitens der Haut und der Gelenke gehe es dem Versicherten nun „wirklich ziemlich gut“. Er klage allerdings über ein Brennen in beiden Unterschenkeln, das ein Ausdruck einer Polyneuropathie sein könnte. Angesichts des aktuellen Zustandes sei dem Versicherten ab Juli 2009 eine Arbeitsfähigkeit von 50 Prozent zumutbar. Im Auftrag einer Krankentaggeldversicherung führte Dr. med. D. am Juli 2009 eine Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit des Versicherten durch (IV-act. 40-14 ff.). In seinem Bericht hielt er fest, der Versicherte sei muskulär und konditionell stark dekompensiert, weshalb eine intensive Rehabilitation mit einer Physiotherapie zu empfehlen sei. Zudem sei eine Psychotherapie dringend indiziert, da sich der Versicherten sozial stark zurückgezogen habe. Die Leistungsbereitschaft bei der Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit sei fraglich gewesen. Die Beobachtungen hätten auf eine deutliche Selbstlimitierung hingewiesen. Die Konsistenz bei den Tests sei schlecht gewesen. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe sei dem Versicherten jedenfalls nicht mehr zumutbar. Zur Zumutbarkeit einer anderen beruflichen Tätigkeit könne keine Stellung
genommen werden. Am 8. Februar 2010 empfahl Dr. med. E. vom IV-internen regionalen ärztlichen Dienst (RAD) eine polydisziplinäre Begutachtung des Versicherten (IV-act. 41). Im Auftrag der IV-Stelle erstattete die medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) Ostschweiz am 5. August 2010 ein entsprechendes Gutachten (IV-act. 49). Die Sachverständigen führten darin aus, der Versicherte leide an einem schweren depressiven Syndrom mit einem somatischen Syndrom, an einem chronischen sekundären Alkoholabusus, an einer Psoriasisarthritis, an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus, an leichten polyneuropathischen Beschwerden der unteren Extremitäten, an einer Untergewichtigkeit sowie ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit an einer Dekonditionierung, an einer Malnutrition, an hypotonen Blutdruckwerten und an einer Psoriasis vulgaris. Aus psychiatrischer Sicht sei ihm wohl seit Mai 2008 keine Arbeitstätigkeit mehr zuzumuten. In therapeutischer Hinsicht seien eine bessere Einstellung des Diabetes und eine (möglichst stationäre) Behandlung in einer psychosomatischen Abteilung zu empfehlen (respektive dringend indiziert). Der RAD-Arzt Dr. E. erachtete das Gutachten als überzeugend (IV-act. 50). Mit einem Vorbescheid vom 9. März 2011 teilte die IV-Stelle dem Versicherten mit, dass sie die Zusprache einer ganzen Rente mit Wirkung ab dem 1. Mai 2009 vorsehe (IV-act. 61).
Dagegen wandte die zuständige berufliche Vorsorgeeinrichtung am 24. Mai 2011 ein (IV-act. 66-1 f.), sie habe den Versicherten von ihrem Vertrauensarzt, dem Psychiater Dr. med. F. , untersuchen lassen. Dieser habe dem Versicherten eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht attestiert. Die Voraussetzungen für die Zusprache einer Rente der Invalidenversicherung seien folglich nicht erfüllt. Dieser Eingabe lag das Gutachten von Dr. F. vom 12. Mai 2011 bei (IV-act. 66-2 ff.). Darin hatte der Sachverständige ausgeführt, der Versicherte habe in der Zeit zwischen Mai 2009 und Januar 2010 nicht an einer depressiven Episode, sondern an einer depressiven Reaktion auf belastende Lebensumstände gelitten. Seit Januar 2010 leide er an einer Dysthymie. Zudem liege ein schädlicher Alkoholkonsum vor. Dieser sei nicht sekundär, denn der Versicherte habe angegeben, schon im Jahr 1979 mit dem schädlichen Konsum begonnen zu haben. Der Abusus habe sich aber nicht wesentlich auf die Arbeitsfähigkeit ausgewirkt, weshalb ihm für die Arbeitsfähigkeitsschätzung keine relevante Bedeutung zukomme. Aus psychiatrischer Sicht sei der Versicherte nie zu mindestens 20 Prozent arbeitsunfähig gewesen. Der
RAD-Arzt Dr. E. notierte am 7. Juni 2011 (IV-act. 67), er sei nicht berechtigt, die Qualität der beiden Gutachten „vom grünen Tisch aus“ in Frage zu stellen. Er gehe davon aus, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten in der Zeit zwischen den beiden Untersuchungen erheblich verbessert habe. Folglich sei davon auszugehen, dass der Versicherte spätestens ab dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. F. am 5. Mai 2011 wieder uneingeschränkt arbeitsfähig sei. Mit einem (weiteren) Vorbescheid vom 20. Juli 2011 teilte die IV-Stelle dem Versicherten mit, dass sie ihm nur eine befristete ganze Rente für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 31. August 2011 zusprechen werde (IV-act. 70). Dagegen liess der Versicherte am 15. September 2011 einwenden (IV-act. 74), die beiden Gutachten stünden in einem ungelösten Widerspruch zueinander. Die IV-Stelle hätte zumindest die MEDAS Ostschweiz um eine Stellungnahme zum Gutachten von Dr. F. ersuchen müssen. Zudem habe Dr. F. den massiven somatischen Leiden keine Rechnung getragen. Da die behandelnden Ärzte nach wie vor eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigten, sei die Befristung der Rente unzulässig. Der RAD-Arzt Dr. E. erachtete es als sinnvoll, die Sachverständigen der MEDAS Ostschweiz um eine Stellungnahme zu bitten. Er hielt aber fest, zunächst müsse der Versicherte nachweisen, dass er alkoholabstinent lebe (IV-act. 77). Da eine aktuelle Blutuntersuchung einen deutlichen Hinweis auf einen fortwährenden beträchtlichen Alkoholkonsum ergeben hatte, empfahl Dr. E. , dem Versicherten unter Hinweis auf die „Schadenminderungsund Mitwirkungspflicht“ eine Alkoholabstinenz von mindestens sechs Monaten aufzuerlegen (IV-act. 80). Am 21. November 2011 forderte die IV-Stelle den Versicherten auf, sich einem Alkoholentzug zu unterziehen und sechs Monate abstinent zu leben (IV-act. 81). Nachdem der Versicherte darauf nicht reagiert hatte, hielt sie ihn am 19. Januar 2012 nochmals zur Erfüllung dieser Auflagen an (IV-act. 83). Am 12. April 2012 berichtete Dr. B. (IV-act. 87), die Glucuronidwerte hätten sich mehrheitlich innerhalb des Toleranzbereichs bewegt. Nur einmalig sei ein Wert von 0,11 festgestellt worden, der aber ebenfalls noch
„im Bereich der Toleranz“ liege und nicht zu Ungunsten des Versicherten ausgelegt werden dürfe. Der RAD-Arzt Dr. E. notierte am 16. August 2012 (IV-act. 90), die Laborwerte lägen innerhalb der Norm, aber leider habe eine letzte Testung vom 23. Mai 2012 weit ausserhalb der Norm liegende Werte ergeben. Vor diesem Hintergrund könnten keine weiteren medizinischen Abklärungen durchgeführt werden. Ein Mitarbeiter des Rechtsdienstes wies allerdings am 13. September 2012 darauf hin,
dass bei der aktuellen Aktenlage eine weitere polydisziplinäre Begutachtung unumgänglich sei (IV-act. 92).
Im Auftrag der IV-Stelle erstattete die MEDAS Zentralschweiz am 27. März 2013 ein polydisziplinäres Gutachten (IV-act. 101). Die Sachverständigen hielten darin fest, der Versicherte leide an einer (wahrscheinlichen) Psoriasisarthritis, an einem ausgeprägten Ulnavorschub beidseits, an einem chronisch schlecht eingestellten Diabetes mellitus, an einer Dysthymia bei möglicherweise abgelaufenen depressiven Episoden Anpassungsstörungen mit einer depressiven Reaktion, an einer Psoriasis vulgaris, an einem Nikotinabusus sowie an chronischen Lumbalgien unbekannter Ätiologie. Aus endokrinologischer respektive diabetologischer Sicht sei dem Versicherten momentan wegen dem schlecht eingestellten Diabetes eine körperlich schwere Tätigkeit nicht zumutbar. Für körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten bestehe dagegen eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit. Aus rheumatologischer Sicht seien körperlich leichte, vorwiegend im Sitzen auszuübende Arbeiten ohne stereotype Bewegungsabläufe der Hände und ohne Heben und Tragen von mehr als zehn Kilogramm uneingeschränkt zumutbar. Aus psychiatrischer Sicht sei der Versicherte uneingeschränkt arbeitsfähig. Am 17. April 2013 notierte der RAD-Arzt Dr. E. (IV-act. 103), die Sachverständigen hätten ausgeführt, dass der Versicherte aus interdisziplinärer Sicht seit Ende August 2011 respektive seit der Aufhebung der befristeten Rente für leidensadaptierte Tätigkeiten uneingeschränkt arbeitsfähig sei. Aus medizinischer Sicht könne diese Angabe nicht nachvollzogen werden, da die Rente ja fälschlicherweise zugesprochen worden sei. Er empfehle deshalb eine Rückfrage an die Sachverständigen hinsichtlich des Beginns der Arbeitsfähigkeit. Auf eine entsprechende Rückfrage der IV-Stelle (IV-act. 104) antwortete der psychiatrische Sachverständige der MEDAS Zentralschweiz am 21. Mai 2013 (IV-act. 106-3 f.), er habe für die Zeit vor Ende August 2011 nicht explizit eine Arbeitsunfähigkeit attestiert. Retrospektiv sei es möglich, aber nicht zu belegen, dass die Arbeitsfähigkeit des Versicherten in der Zeit zwischen Mai 2008 und August 2011 eingeschränkt gewesen sein könnte. Mangels hinreichend zuverlässiger Angaben zum Gesundheitszustand des Versicherten in jenem Zeitraum sei der Nachweis, dass die Rente zu Unrecht ausgerichtet worden sei, nicht möglich. Der Hauptgutachter wies darauf hin (IV-act. 106-1 f.), dass sich der Verlauf der Arbeitsfähigkeit retrospektiv nicht neu konstruieren lasse. Bei der Begutachtung sei man deshalb davon ausgegangen, dass die
Rentenzusprache „gut begründet“ gewesen sei, weshalb man sich daran orientiert habe. Ein Sachbearbeiter der IV-Stelle notierte am 30. August 2013 (IV-act. 110), diese Angaben seien nicht überzeugend. Gestützt auf das Gutachten der MEDAS Zentralschweiz und auf jenes von Dr. F. sei davon auszugehen, dass der Versicherte durchwegs uneingeschränkt arbeitsfähig für leidensadaptierte Tätigkeiten gewesen sei.
Mit einem Vorbescheid vom 11. November 2013 teilte die IV-Stelle dem Versicherten mit, dass sie die Abweisung seines Rentenbegehrens vorsehe (IV-act. 113). Dagegen wandte dieser am 11. Dezember 2013 ein (IV-act. 117), sein Gesundheitszustand habe sich zwischenzeitlich verschlechtert. Er werde einen entsprechenden medizinischen Bericht einreichen. Am 31. Januar 2014 liess Dr. med. G. von der Klinik H. der IV-Stelle eine Kopie eines Berichtes betreffend eine stationäre Behandlung des Versicherten vom 30. November 2013 bis zum 24. Januar 2014 zugehen (IV-act. 119). Darin hatte Dr. G. ausgeführt, der Versicherte leide an einer schweren depressiven Episode mit einer akuten Suizidalität, an einem Alkoholmissbrauch (gegenwärtig abstinent), an einer Tabakabhängigkeit, an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus mit multiplen Komplikationen, an einer essentiellen Hypertonie, an einer normozytären, normochromen Anämie, an einer Psoriasisarthritis sowie an einer peripheren Polyneuropathie. Ihm könne auch längerfristig keine Tätigkeit auf dem freien Arbeitsmarkt zugemutet werden. Eine „Beschäftigung“ in einem geschützten Rahmen wäre dagegen zumutbar und sinnvoll. Die depressive Störung verberge sich hinter einer „freundlichen Maske eines (süd-) ostasiatischen Buddhisten“. Nach der Entlassung aus der stationären Behandlung werde sich der Versicherte für sechs Wochen in seinem Herkunftsland aufhalten, da er die Angelegenheiten seiner kürzlich verstorbenen Mutter regeln müsse. Am 3. Juni 2014 berichtete das Psychiatrie-Zentrum I. (IV-act. 122), der psychische Zustand des Versicherten scheine sich zwischenzeitlich etwas stabilisiert zu haben. Er müsse aber immer noch als sehr labil bezeichnet werden. Am 7. Juli 2014 teilte Dr. B. mit (IVact. 127), aktuell nehme der Versicherte die Medikamente wieder zuverlässig ein. Nach wie vor bestehe „eine gewisse Depression“, aber diese sei seines Erachtens nicht ursächlich für die „Invalidisierung“. Am 15. Oktober 2014 wies das Psychiatrie-Zentrum I. auf einen stationären Gesundheitszustand bei einer noch mittelgradigen depressiven Episode hin (IV-act. 132). Im Auftrag der IV-Stelle erstattete die MEDAS
Zentralschweiz am 29. April 2015 ein Verlaufsgutachten (IV-act. 143). Die Sachverständigen führten darin aus, dem Versicherten seien leidensadaptierte Tätigkeiten nach wie vor uneingeschränkt zumutbar. Seit der letzten Begutachtung habe sich „nichts grundlegendes, irreversibles und lange andauerndes“ geändert. Objektiv habe der untergewichtige Versicherte (der allerdings seit der ersten Begutachtung 2,2 Kilogramm zugenommen habe) eher jünger, etwas gespannt und leicht depressiv gewirkt. Bezüglich des Integuments seien nur wenige residuelle
„Tröpfchen“ der Psoriasis guttata, Raucherfinger links und eine „rissige“ Haut an den Unterschenkeln aufgefallen. Das Gehör sei vermindert gewesen. Es habe eine deutliche Myopie beidseits vorgelegen. Im Neurostatus sei das Vibrationsempfinden distal der Knie zunehmend vermindert gewesen. Klinisch sei der Verdacht auf eine Gonarthrose rechts entstanden. Der Versicherte habe eine leichte Verdeutlichungstendenz gezeigt. Aus rheumatologischer Sicht sei die anerosive Psoriasisarthritis fraglich remittiert. Links liege ein geringer Ulnavorschub vor. Möglicherweise leide der Versicherte an einer beginnenden Gonarthrose. Zudem sei aus rheumatologischer Sicht der Eindruck eines neurastheniformen Zustandes bei einer allgemeinen Schonung mit dem Verdacht auf eine Fehlernährung und depressive Verstimmungen entstanden. Aus somatischer Sicht seien dem Versicherten dennoch leidensadaptierte Tätigkeiten nach wie vor uneingeschränkt zumutbar. Der psychiatrische Sachverständige hielt fest, dass der Versicherte während des Gesprächs tatsächlich relativ wenig Gestik und Mimik gezeigt habe, was aber möglicherweise in seiner Kultur üblich sei. Zwischendurch sei er durchaus in der Lage gewesen, zu lachen. Er habe auch seiner Freude an den ersten Frühlingsblumen Ausdruck gegeben. Im Gespräch sei er als Person gut spürbar gewesen. Hinsichtlich des Denkens seien eine gewisse Hemmung und eine Verlangsamung wahrnehmbar gewesen, wobei allerdings fraglich sei, ob dies mit dem Glucosespiegel zusammenhänge. Der Antrieb und die psychomotorischen Energien seien etwas eingeschränkt, wobei allerdings die wirtschaftlich begründete Armut in der Alltagsgestaltung eine Rolle spiele. Zirkadiane Besonderheiten fehlten und der soziale Rückzug sei sicher durch die ungenügende Integration wesentlich mitbegründet. Aus dem Austrittsbericht der Klinik H. gehe nicht hervor, inwiefern die Arbeitsfähigkeitsschätzung auch den somatischen und soziokulturellen Faktoren Rechnung trage. Die ambulante Therapie sei ohne einen Dolmetscher durchgeführt worden, was die Aussagekraft der entsprechenden Berichte doch relativiere. In der
Untersuchungssituation seien die Kriterien für die Diagnose einer depressiven Störung angesichts des gesamten Verhaltens des Versicherten nicht erfüllt gewesen, weshalb nach wie vor eine Dysthymia zu diagnostizieren sei. Auch wenn der Versicherte wohl Unvorstellbares durchgemacht habe, seien die Kriterien für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht erfüllt. Aus psychiatrischer Sicht sei nach wie vor eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit zu attestieren. Der RAD-Arzt Dr. E. erachtete das Gutachten als überzeugend (IV-act. 144).
Mit einem (weiteren) Vorbescheid vom 28. Juli 2015 teilte die IV-Stelle dem Versicherten mit, dass sie (nach wie vor) die Abweisung seines Rentenbegehrens vorsehe (IV-act. 147). Dagegen wandte dieser am 24. August 2015 ein (IV-act. 148), er arbeite seit April 2015 in einem Pensum von 50 Prozent in der J. . Ein höheres Pensum könne er nicht leisten. Mit einer Verfügung vom 29. Oktober 2015 wies die IVStelle das Rentenbegehren ab (IV-act. 153).
B.
Am 26. November 2015 liess der Versicherte (nachfolgend: der Beschwerdeführer) eine Beschwerde gegen die Verfügung vom 29. Oktober 2015 erheben (act. G 1). Sein Rechtsvertreter beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung, die Zusprache einer ganzen Rente für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 31. August 2011 und die Rückweisung der Sache an die IV-Stelle (nachfolgend: die Beschwerdegegnerin) zur Durchführung von weiteren Abklärungen bezüglich des Zeitraums ab dem 1. September 2011. Zur Begründung führte er an, der Beschwerdeführer leide an einem komplexen Beschwerdebild mit multiplen Gesundheitsbeeinträchtigungen. Selbst wenn er aus rein internistischer, aus rein rheumatologischer und aus rein psychiatrischer Sicht uneingeschränkt arbeitsfähig sein sollte, sei damit noch nicht belegt, dass er auch gesamthaft betrachtet uneingeschränkt arbeitsfähig sei. Die Beschwerdegegnerin habe den massiven somatischen Einschränkungen bislang nicht hinreichend Rechnung getragen. Für die Prüfung des Rentenbegehrens seien zwingend weitere medizinische Abklärungen notwendig. Da sich die Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz nicht zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers im Zeitraum vor dem 1. September 2011 geäussert hätten und da die Sachverständigen der MEDAS Ostschweiz für die Zeit ab
Mai 2008 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit attestiert hätten, habe der Beschwerdeführer für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 31. August 2011 einen Anspruch auf eine ganze Rente. Der Beschwerde lag ein Bericht des PsychiatrieZentrums I. vom 25. November 2015 bei, laut dem der Beschwerdeführer an einer rezidivierenden depressiven Episode mit einer gegenwärtig schweren Episode litt (act. G 1.4).
Am 27. November 2015 liess der Beschwerdeführer zwei weitere medizinische Berichte einreichen (act. G 2): Dr. C. hatte am 27. November 2015 auf eine starke Verschlechterung der Sehfähigkeit mit der Notwendigkeit einer notfallmässigen Behandlung hingewiesen und festgehalten, dass der Beschwerdeführer nicht mehr arbeitsfähig und zur Bewältigung des Alltages auf eine betreute Wohnumgebung angewiesen sei (act. G 2.1); das Spital K. hatte am 11. November 2015 über eine Hospitalisation im Zeitraum vom 3. bis zum 11. November 2015 nach einer erneuten Medikamenten-Malcompliance (betreffend den Diabetes) berichtet (act. G 2.2). Am 8. Dezember 2015 liess der Beschwerdeführer eine überarbeitete Fassung des Berichtes von Dr. C. vom 27. November 2015 einreichen (act. G 4 und G 4.1).
Die Beschwerdegegnerin beantragte am 8. Januar 2016 die Abweisung der Beschwerde (act. G 6). Zur Begründung führte sie aus, gestützt auf die überzeugenden Gutachten der MEDAS Zentralschweiz stehe fest, dass der Beschwerdeführer eine leidensadaptierte Tätigkeit ohne eine Einschränkung verrichten könne. Die Arbeitsfähigkeitsschätzung des psychiatrischen Sachverständigen der MEDAS Ostschweiz sei von Dr. F. widerlegt worden, weshalb die Zusprache einer Rente für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 31. August 2011 nicht in Frage komme.
Am 12. Januar 2016 bewilligte die verfahrensleitende Richterin die unentgeltliche
Rechtspflege (act. G 8).
Der Beschwerdeführer liess am 1. Februar 2016 an seinen Anträgen festhalten
(act. G 10). Die Beschwerdegegnerin verzichtete auf eine Duplik (act. G 12).
Am 27. Mai 2016 wies der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers darauf hin (act.
G 14), dass dieser nach einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes in
ein Altersheim eingetreten sei. Nach einem Sturz im April 2016 habe er reanimiert werden müssen. Bei jenem Sturz habe er sich zudem mehrere Rippenfrakturen zugezogen. Während des anschliessenden Klinikaufenthaltes sei er längere Zeit an einer Herzmaschine angeschlossen gewesen. In der Folge sei ihm ein permanenter Herzschrittmacher implantiert worden. Am 20. Mai 2016 habe er wieder ins Altersheim entlassen werden können. Die Beschwerdegegnerin verzichtete auf eine Stellungnahme zu dieser Eingabe (act. G 16).
Am 5. Juli 2017 teilte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit, dass eine Beistandschaft für seinen Mandanten errichtet worden sei (act. G 18). Die Beschwerdegegnerin nahm dazu keine Stellung (vgl. act. G 19).
Erwägungen
1.
Der Inhalt dieses Beschwerdeverfahrens wird sachlich und zeitlich - durch den Inhalt der angefochtenen Verfügung definiert, denn der Sinn und Zweck des Beschwerdeverfahrens besteht in der Überprüfung der angefochtenen Verfügung auf deren Rechtmässigkeit. In zeitlicher Hinsicht ist also massgebend, wie sich die Sachlage im Zeitpunkt der Eröffnung der Verfügung dargestellt hat. Spätere Sachverhaltsentwicklungen sind deshalb im Beschwerdeverfahren grundsätzlich irrelevant. Daraus kann allerdings nicht abgeleitet werden, dass Beweismittel, die erst nach der Verfügungseröffnung erstellt worden sind, für das Beschwerdeverfahren per se unbeachtlich wären. Solche Beweismittel können nämlich nicht nur Angaben zu Sachverhaltsveränderungen nach der Verfügungseröffnung, sondern auch Angaben enthalten, die zu einer besseren Erkenntnis jenes Sachverhaltes beitragen, der bereits bei der Verfügungseröffnung bestanden hat. Der Bericht von Dr. C. vom 27. November 2015 respektive die korrigierte Fassung dieses Berichts enthält beispielsweise Angaben zu einer nach der Verfügungseröffnung eingetretenen Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers (Netzhautablösung am 19. November 2015), die in diesem Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden können, aber auch Aussagen zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt unmittelbar vor der Eröffnung der angefochtenen
Verfügung, die für dieses Beschwerdeverfahren relevant und folglich frei zu würdigen sind. Die vom Beschwerdeführer im Rahmen des Schriftenwechsels eingereichten Belege für weitere Verschlechterungen seines Gesundheitszustandes nach der Eröffnung der angefochtenen Verfügung (Eintritt in ein Altersheim, Sturz, Implantation eines Herzschrittmachers) sind folglich für dieses Beschwerdeverfahren irrelevant.
2.
Eine versicherte Person, die ihre Erwerbsfähigkeit nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten verbessern kann, die während eines Jahres ohne einen wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig gewesen ist und die nach dem Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid ist, hat laut dem Art. 28 Abs. 1 IVG einen Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung. Für die Bemessung der Invalidität wird gemäss dem Art. 28a Abs. 1 IVG i.V.m. dem Art. 16 ATSG jenes Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach dem Eintritt der Gesundheitsbeeinträchtigung und nach der Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei einer ausgeglichenen Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung zu demjenigen Erwerbseinkommen gesetzt, das sie erzielen könnte, wenn sie gesund geblieben wäre.
Für die Bestimmung des zumutbarerweise erzielbaren Invalideneinkommens kommt in aller Regel der medizinischen Arbeitsfähigkeitsschätzung eine entscheidende Bedeutung zu. Vorliegend haben sich nicht nur die behandelnden Ärzte, sondern auch zwei MEDAS und ein psychiatrischer Sachverständiger (Dr. F. ; im Auftrag der beruflichen Vorsorgeeinrichtung) zur Frage nach der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers geäussert. Die Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz haben den Beschwerdeführer internistisch respektive endokrinologisch, rheumatologisch und psychiatrisch begutachtet. Entgegen der vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers offenbar vertretenen Ansicht haben die Sachverständigen zusätzlich eine gesamthafte Arbeitsfähigkeitsschätzung aus interdisziplinärer Sicht abgegeben, das heisst eine Arbeitsfähigkeitsschätzung, die nicht nur die Arbeitsfähigkeitsschätzungen aus der Sicht der einzelnen Fachgebiete, sondern auch
das Zusammenwirken der verschiedenen Gesundheitsbeeinträchtigungen berücksichtigt hat. Diese Arbeitsfähigkeitsschätzung hat auf den objektiven klinischen Befunden, die die Sachverständigen bei einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erhoben hatten, und auf den Angaben in den Berichten der behandelnden Ärzte beruht. Die Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz haben also den für sie massgebenden medizinischen Sachverhalt umfassend erhoben. Die Berücksichtigung der Berichte der behandelnden Ärzte hat es ihnen erlaubt, nicht nur eine sogenannte „Momentaufnahme“ zu erstellen, sondern sich vielmehr einen Überblick über die objektiven Befunde zu verschaffen, die im Laufe der vorangegangenen Jahre erhoben worden waren. Da die drei Sachverständigen dieselben gewesen sind, die den Beschwerdeführer bereits bei der ersten Begutachtung untersucht hatten, haben sie sich zusätzlich einen eigenen Eindruck vom Verlauf verschaffen können, denn sie haben den Beschwerdeführer im Abstand von etwa zwei Jahren zweimal persönlich untersucht. Sowohl das erste als auch das zweite Gutachten enthalten eine ausführliche Wiedergabe der objektiven klinischen Befunde, der Angaben in den Berichten der behandelnden Ärzte und der subjektiven Angaben des Beschwerdeführers respektive der von diesem geklagten Beschwerden. Es besteht also kein Grund zur Annahme, die Sachverständigen hätten eine relevante medizinische Tatsache übersehen. In ihren Teilgutachten und im Gesamtgutachten haben die Sachverständigen die Berichte der behandelnden Ärzte eingehend und sorgfältig gewürdigt. Sie haben ihre Diagnosen und ihre Arbeitsfähigkeitsschätzung anhand der Ergebnisse dieser Aktenwürdigung und der selbst erhobenen klinischen Befunde überzeugend hergeleitet. Die beiden Gutachten enthalten keine Widersprüchlichkeiten sonstigen Unstimmigkeiten, die Zweifel an deren Überzeugungskraft wecken würden. Allerdings haben die behandelnden Ärzte teilweise geltend gemacht, die Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz hätten die Schwere der Gesundheitsbeeinträchtigungen unterschätzt. Der behandelnde Psychiater der Klinik H. hat festgehalten, hinter einer „freundlich-asiatischbuddhistischen Maske“ verstecke sich eine schwergradig ausgeprägte depressive Störung, die vom psychiatrischen Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz offenbar nicht entdeckt worden sei. Den Befundschilderungen des psychiatrischen Sachverständigen in dessen beiden Teilgutachten lassen sich aber keine Anhaltspunkte entnehmen, die diese Behauptung bekräftigen könnten. Der
psychiatrische Sachverständige hat im Gegenteil überzeugend dargelegt, dass der Beschwerdeführer bei den Explorationen ohne wesentliche Konzentrationseinbussen Ermüdungserscheinungen mitgewirkt hatte und in der Lage gewesen war, einen Sinn für Humor zu zeigen und zu lachen. Diese Befunde sprechen gegen eine schwergradige depressive Störung und sie können nicht als eine blosse „Maske“ qualifiziert werden, denn die Konzentrationsfähigkeit und die mentale Leistungsfähigkeit können nicht künstlich „vorgespielt“ werden. Zudem hat der behandelnde Arzt der Klinik H. den Beschwerdeführer unmittelbar nach der Entlassung aus der stationären Behandlung für sechs Wochen in dessen Herkunftsland reisen lassen, was erhebliche Zweifel daran weckt, dass er tatsächlich vom Vorliegen einer schwergradigen depressiven Störung überzeugt gewesen ist. Auch wenn der Beschwerdeführer gewissermassen familiär gezwungen gewesen ist, jene Reise anzutreten, hätte er sich wohl kaum dazu aufraffen können, wenn er wirklich schwergradig depressiv gewesen wäre. Zudem hätte der behandelnde Arzt ihm diesfalls wohl dringend von der Reise abgeraten. Auch die erhebliche Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers im Laufe der eher kurzen stationären Behandlung spricht gegen das Vorliegen einer schwergradigen depressiven Störung. Schliesslich hat auch der Hausarzt wenige Wochen später angegeben, der Beschwerdeführer wirke nicht sonderlich depressiv, während die behandelnden Ärzte des Psychiatrie-Zentrums I. damals immer noch eine schwerrespektive eine mittelgradige depressive Störung diagnostiziert haben. Das weckt zusätzliche Zweifel an der Diagnose einer schwergradigen depressiven Störung. Gesamthaft sind die Angaben der behandelnden Psychiater jedenfalls nicht geeignet, wesentliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der beiden psychiatrischen Teilgutachten der MEDAS Zentralschweiz zu wecken. Das psychiatrische Gutachten von Dr. F. stimmt zudem weitgehend mit jenen beiden Teilgutachten überein. Da Dr. F. seine Diagnosestellung und seine Arbeitsfähigkeitsschätzung ebenfalls überzeugend begründet hat, stärkt dieser Umstand die Überzeugungskraft der beiden psychiatrischen Teilgutachten der MEDAS Zentralschweiz. Der eher theoretisch anmutende Dissens bezüglich der Frage, ob der Beschwerdeführer an einem primären an einem sekundären Alkoholabusus gelitten hat, ist dabei irrelevant, denn die Antwort auf diese Frage ist von der zeitlichen Abfolge von Ereignissen abhängig gewesen, die damals bereits über 30 Jahre in der Vergangenheit gelegen haben, was
eine zuverlässige Beantwortung der Frage verunmöglicht hat. Zudem ist es für die Prüfung des Rentenbegehrens des Beschwerdeführers nicht massgebend gewesen, ob es sich um einen primären um einen sekundären Alkoholabusus gehandelt hat, denn die psychiatrischen Sachverständigen haben überzeugend dargelegt, dass der Beschwerdeführer trotz seines Trinkverhaltens in der Lage gewesen war, während Jahren uneingeschränkt erwerbstätig zu sein. Zusammenfassend besteht folglich kein ernsthafter Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Eröffnung der angefochtenen Verfügung aus psychiatrischer Sicht uneingeschränkt arbeitsfähig gewesen ist. Zum Verlauf der Arbeitsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht im Zeitraum zwischen der Anmeldung zum Leistungsbezug und der Abweisung des Leistungsbegehrens respektive zum für die Beantwortung dieser Frage relevanten psychiatrischen Teilgutachten der MEDAS Ostschweiz wird unten gesondert eingegangen. In somatischer Hinsicht enthalten die Berichte der behandelnden Ärzte (jedenfalls für die Zeit bis zur Eröffnung der angefochtenen Verfügung) keine objektiven Befunde, die wesentliche Zweifel an den Arbeitsfähigkeitsschätzungen des internistischen und des rheumatologischen Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz wecken würden. Aufgrund der Akten und angesichts der chronisch schlechten Einstellung des Diabetes mellitus erscheint die Angabe der behandelnden Rheumatologin Dr. C. , an eine Erwerbstätigkeit sei nicht mehr zu denken, zwar ein Stück weit als nachvollziehbar. Diese Angabe beruht aber augenscheinlich auf dem Bild, das der Beschwerdeführer bei den Konsultationen jeweils geboten hat, und nicht auf einer Zumutbarkeitsbeurteilung gestützt auf die objektiven klinischen Befunde. Für dieses Verfahren sind aber letztere massgebend. Sie sind sowohl in rheumatologischer als auch in internistischer Sicht nur geringfügig auffällig gewesen. Auch wenn der Beschwerdeführer an vielfältigen Beschwerden gelitten hat, lässt sich in den Akten doch kein somatischer Befund finden, der für eine wesentliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers in einer ideal leidensadaptierten Tätigkeit sprechen würde. Damit besteht kein Anlass, an der aus somatischer Sicht abgegebenen Arbeitsfähigkeitsschätzung der Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz zu zweifeln. Gesamthaft hat dem Beschwerdeführer also im Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung überwiegend wahrscheinlich eine ideal leidensadaptierte Tätigkeit uneingeschränkt zugemutet werden können.
Im Verlauf zwischen der Aufgabe der letzten Erwerbstätigkeit im Mai 2008 respektive der Anmeldung zum Leistungsbezug im September 2008 und der Eröffnung der angefochtenen Verfügung im Oktober 2015 ist der Beschwerdeführer gemäss den überzeugenden Gutachten der MEDAS Ostschweiz und der MEDAS Zentralschweiz aus somatischer Sicht für ideal leidensadaptierte Tätigkeiten durchwegs uneingeschränkt arbeitsfähig gewesen. In psychiatrischer Hinsicht hat die uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit spätestens ab dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. F. im Mai 2011 bestanden. Nun hatte der psychiatrische Sachverständige der MEDAS Ostschweiz aber im Juni 2010 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit aus psychiatrischer Sicht attestiert, was er mit einer schwergradigen depressiven Störung begründet hatte. Entgegen einer zunächst vom RAD-Arzt Dr. E. vertretenen Ansicht hat Dr. F. seine quasi diametral abweichende Diagnosestellung und Arbeitsfähigkeitsschätzung nicht mit einer zwischenzeitlichen Verbesserung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers in der Zeit von Juni 2010 bis Mai 2011, sondern damit begründet, dass das psychiatrische Teilgutachten der MEDAS Ostschweiz nicht überzeuge. In seinem Gutachten hat Dr. F. dementsprechend explizit festgehalten, dass der Beschwerdeführer aus psychiatrischer Sicht wohl nie zu mindestens 20 Prozent arbeitsunfähig gewesen sei, was der RAD-Arzt Dr. E. übersehen haben muss. Der Sachverständige Dr. F. hat die Schlussfolgerungen des psychiatrischen Sachverständigen der MEDAS Ostschweiz in seinem Gutachten überzeugend widerlegt. Er hat anschaulich aufgezeigt, dass die Ergebnisse der Tests, auf die der psychiatrische Sachverständige der MEDAS Ostschweiz abgestellt hatte, gar nicht überzeugend sein konnten, weil der Beschwerdeführer die Fragen teilweise überhaupt nicht verstanden hatte und weil er für die Beantwortung der Fragen an sich viel mehr Zeit benötigt hätte, als ihm effektiv zur Verfügung gestanden hatte. Bei Dr.
F. hat die Beantwortung einer einzelnen Frage rund zehn Minuten in Anspruch genommen (wobei ungewiss geblieben ist, ob der Beschwerdeführer diese Frage überhaupt verstanden hatte); im Rahmen der Begutachtung durch die MEDAS Ostschweiz soll der Beschwerdeführer dagegen in nur 70 Minuten drei komplette Fragebögen beantwortet haben und zudem vom Sachverständigen persönlich exploriert worden sein. Das ist schwer vorstellbar und weckt erhebliche Zweifel an der Qualität der Antworten auf die Testfragen und an der Qualität des Explorationsgesprächs. Vor diesem Hintergrund ist das psychiatrische Teilgutachten
der MEDAS Ostschweiz nicht geeignet, die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers aus psychiatrischer Sicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu belegen. Gestützt auf die überzeugend begründeten Angaben von Dr. F. steht aber überwiegend wahrscheinlich fest, dass der Beschwerdeführer auch in der Zeit vor Mai 2011 aus psychiatrischer Sicht uneingeschränkt arbeitsfähig gewesen ist. Zusammenfassend ist also mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt, dass der Beschwerdeführer im gesamten massgebenden Zeitraum zwischen Mai 2008 und Oktober 2015 uneingeschränkt arbeitsfähig für ideal leidensadaptierte Tätigkeiten gewesen ist.
Der Beschwerdeführer verfügt über keine berufliche Ausbildung und hat entsprechend vor dem Eintritt der Gesundheitsbeeinträchtigungen Hilfsarbeiten verrichtet. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe ist ihm nicht mehr zumutbar, aber auf dem allgemeinen und ausgeglichenen Arbeitsmarkt existieren zahlreiche verschiedene Hilfstätigkeiten, die der Beschwerdeführer uneingeschränkt verrichten könnte. Umstände, die gegen eine durchschnittliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers als Valider sprechen würden, liegen nicht vor, weshalb davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer vor dem Eintritt der Gesundheitsbeeinträchtigung auf dem allgemeinen und ausgeglichenen Arbeitsmarkt ein durchschnittliches Hilfsarbeitereinkommen hätte erzielen können und dass ihn nur arbeitsmarktliche Zwänge davon abgehalten haben, seine damals noch uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit in einer durchschnittlich entlöhnten Hilfsarbeit zu verwerten. Das Valideneinkommen und der Ausgangswert des zumutbarerweise erzielbaren Invalideneinkommens entsprechen folglich dem statistischen Zentralwert der Hilfsarbeiterlöhne. Bei der Berechnung des Invaliditätsgrades kann der Betrag dieser Vergleichsgrössen deshalb mathematisch keine Rolle spielen, weshalb der Invaliditätsgrad mittels eines sogenannten Prozentvergleichs errechnet werden kann. Er entspricht also dem Arbeitsunfähigkeitsgrad, allenfalls korrigiert um einen Abzug vom Tabellenlohn von maximal 25 Prozent. Da ein potentieller, betriebswirtschaftlich- ökonomisch denkender Arbeitgeber dem Risiko vermehrter krankheitsbedingter Absenzen, überdurchschnittlicher Schwankungen hinsichtlich der quantitativen und der qualitativen Arbeitsleistung des Beschwerdeführers und der unterdurchschnittlichen Flexibilität der Einsetzbarkeit des Beschwerdeführers Rechnung tragen müsste, dürfte der Beschwerdeführer nicht in der Lage sein, einen Lohn zu erzielen, der jenen von 50
Prozent aller Hilfsarbeiter übersteigt. Aus ökonomischer Sicht kann der Beschwerdeführer also seine Arbeitsfähigkeit nicht mit einem durchschnittlichen Erfolg verwerten, das heisst er ist nicht in der Lage, den Zentralwert der Hilfsarbeiterlöhne zu erreichen. Praxisgemäss ist diesem Umstand mit einem Abzug von zehn Prozent vom Tabellenlohn Rechnung zu tragen. Angesichts der uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers für ideal leidensadaptierte Tätigkeiten würde aber selbst bei der Berücksichtigung des Maximalabzuges von 25 Prozent kein rentenbegründender Invaliditätsgrad resultieren.
3.
Im Ergebnis hat die Beschwerdegegnerin das Rentenbegehren des Beschwerdeführers also zu Recht mangels eines rentenbegründenden Invaliditätsgrades abgewiesen, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist. An sich müsste der unterliegende Beschwerdeführer die Gerichtskosten von 600 Franken bezahlen. Zufolge der Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung ist er aber von dieser Pflicht zu befreien. Da ihm auch die unentgeltliche Rechtsverbeiständung bewilligt worden ist, hat der Staat seinem Rechtsvertreter eine Entschädigung auszurichten. Insgesamt ist von einem durchschnittlichen erforderlichen Vertretungsaufwand auszugehen, weshalb die Entschädigung praxisgemäss auf 80 Prozent von 3'500 Franken festzusetzen ist. Sollten es seine wirtschaftlichen Verhältnisse dereinst gestatten, wird der Beschwerdeführer zur Nachzahlung der Gerichtskosten und zur Rückerstattung der Entschädigung für die unentgeltliche Rechtsverbeiständung verpflichtet werden können (Art. 99 Abs. 2 VRP i.V.m. Art. 123 ZPO).
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Der Beschwerdeführer wird von der Pflicht zur Bezahlung der Gerichtskosten von Fr. 600.befreit.
3.
Der Staat hat den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Fr. 2'800.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.
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